Expertendelphi zu Digitalisierung und Raum & Landschaft

Im Rahmen des Projekts NUDIG führten wir die schweizweit grösste Delphi-Studie zu Digitalisierung und Raum durch. Die Fragestellungen in Bezug auf Digitalisierung in den Schwerpunkten Raumentwicklung, Mobilität und Verkehr sowie Landschaft und Freiraum wurden ausgewählten Expertinnen und Experten gestellt. Die gleichen Umfragen wurden von Mitgliedern der Fachverbände FSU, SVI und BSLA als Kontrollgruppen beantwortet. Insgesamt konnten somit 327 Einschätzungen aus der Deutschschweiz und der Romandie zur Thematik gesammelt werden.

Diskussionen in interdisziplinären Gruppen

28 Expertinnen und Experten trafen sich zu einem Workshop an der HSR, um die Resultate der Umfrage zu diskutieren. Dieser Workshop stellte die zweite Runde einer Delphi-Umfrage dar, wobei eine konsolidierte Expertenmeinung für zukünftige Entwicklungen entstand. Transdisziplinär diskutiert wurden der Steuerungsbedarf, die Datenverwendung und Potenziale der Digitalisierung.

Erste Tendenzen aus den Schwerpunkten

In dem Schwerpunkt Raumentwicklung wird allgemein eingeschätzt, dass alle Raumkategorien von der Digitalisierung profitieren können. Dabei spielen vor allem der Online-Handel und KEP-Stationen als neue Infrastruktur auf Quartierebene eine Rolle. Auch automatisierte Fahrzeuge werden den Strassenraum und den öffentlichen Raum verändern nach Einschätzungen der Umfrageteilnehmer. 


Die Teilnehmenden aus dem Schwerpunktbereich Mobilität und Verkehrsplanung schätzen, dass sich die heutigen Verkehrsprobleme durch die Digitalisierung teilweise lösen. Unter Digitalisierung in dem Bereich werden hauptsächlich umfassende Daten, Mobility as a Service, Sharing-Konzepte und automatisiertes Fahren verstanden. Automatisierte Fahrzeuge bedeuten für den Raum, dass ungenügend erschlossene Gebiete besser erreicht werden könnten, dass es weniger Parkplätze braucht in Zentren und dass der Verkehr verträglicher abgewickelt werden kann. Daraus resultiert aber auch ein erhöhtes Risiko zur Zersiedelung und Mehrverkehr durch Leerfahrten.


Spannend ist, dass sich die Expertinnen und Experten der Raumentwicklung nicht für einen Umbau des Strassenraum einsetzen, da reaktive Massnahmen aufgrund der schnellen technologischen Veränderungen sicherer und sinnvoller sind als proaktive. Die Mehrheit der Expertinnen und Experten der Mobilitäts- und Verkehrsplanung spricht sich hingegen für bauliche Massnahmen aus.


Laut den Teilnehmenden der Umfrage im Schwerpunkt Freiraum und Landschaft wird die Digitalisierung Auswirkungen auf die Gestalt und Erscheinung, auf die Wahrnehmung sowie die Nutzung von Freiraum und Landschaft haben. Dies vor allem durch neue Formen der Landschaftsnutzung wie Drohnen, intelligente Software, die unsere Interessen steuern und neuen Anforderungen an Naherholungsgebiete. Auch Social Media wird den Freiraum und die Landschaft beeinflussen. Im Gegenzug dazu schätzt ein Grossteil der Umfrage-Teilnehmenden, dass die Bedeutung von Gegenvorschlägen zur "verdigitalisierten" Welt zunehmen, da vor allem die Naherholung eine Chance zur Abschottung bietet.


Daten

Das Thema rund um Daten ist ein wichtiger Bestandteil der Digitalisierung. So wurde die Thematik auch bei den Umfragen aller Schwerpunkte wie auch am Workshop intensiv diskutiert. Daten werden für die zukünftige Planung und Steuerung des Raums eine zentrale Rolle spielen. Auch für die Landschafts- und Freiraumplanung werden Daten über die reelle Nutzung des Raums in Zukunft eine gewichtigere Bedeutung haben als heute noch. Es zeigt sich aber auch, dass vor allem die Datenverfügbarkeit und die Datenqualität verbessert werden muss. Auch die Auswertungsmöglichkeiten sind noch nicht breit genug bekannt. Vor allem in Bezug auf automatisiertes Fahren zeigt sich aber auch ein kritischer Punkt: das Sammeln von Datensätzen könnte womöglich auch im Widerspruch zum Datenschutz stehen.
 


Über den/die Autor/in

Jolanda Zurfluh

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