Wie kann ich mit Online-Partizipationsprozessen die Planungsverfahren vereinfachen und attraktiver gestalten?

Ziele

Ziele für den Einsatz einer Online-Mitwirkung sind:

  • Ergänzung der herkömmlichen Mitwirkungsform in Partizipationsprozessen und somit Erreichen einer breiteren Bevölkerungsgruppe und grösseren Anzahl von Mitwirkenden
  • Verbesserung / Vereinfachung der Möglichkeiten der formellen und informellen Beteiligung

Ausgangslage

  • Heute findet die gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkung in Planungsprozessen (Art. 4 RPG) im Rahmen von öffentlichen Auflagen statt, bei welchen die Interessierten die Unterlagen in den Gemeindeverwaltungen sichten oder teilweise über die Homepage der Gemeinde online abrufen können. Eine Einwendung / Einsprache zu den aufliegenden Planungsgeschäften hat dabei immer brieflich zu erfolgen. Die Möglichkeit, Einwendungen / Einsprachen über ein digitales Eingabe-Tool einzureichen, besteht häufig noch nicht.
  • Fragen zur künftigen Entwicklung einer Gemeinde werden in der Regel im Rahmen von Workshops behandelt, zu welchen die interessierte Bevölkerung eingeladen wird. Für die interessierte Bevölkerung offene Workshops ermöglichen dem Gemeinderat, „vor Ort“ seine Entwicklungsabsichten zu spiegeln und dazu Meinungen einzuholen.
  • Das Interesse an Beteiligung ist eher gering, wenn Planungen eigene Interessen nicht betreffen. Wenn das Beteiligungsformat dann auch noch zu umständlich erscheint, dann sinkt das Interesse noch weiter.

Lösungsansatz

  • Anwendung von Online-Lösungen zur digitalen Mitwirkung (E-Partizipationsprojekte werden von E-Government Schweiz des Bundes im Rahmen des Umsetzungsplans 2020-2023 finanziell gefördert)
  • Anwendung von digitalen Hilfsmitteln zur Visualisierung und damit nutzergerechten Information, wie 3D-Visualisierungen, VR/AR-Anwendungen (virtuelle und erweiterte Realitäten) etc., z.B. auch in Bewilligungsverfahren
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Nutzen

  • E-Mitwirkung kann in Politik und Verwaltung von Gemeinden und Kantonen breit eingesetzt werden. Der Dialog mit der Bevölkerung wird für Gemeinden online erleichtert, beispielsweise bei Ortsplanungen (Richt- und Nutzungsplanung), Arealentwicklungen, Bau- und Infrastrukturvorhaben, Leitbilder, Verkehrsplanungen etc.
  • Die Ergänzung des Mitwirkungsangebots durch eine digitale Mitwirkungs- und Informationsplattform ermöglicht das Erreichen einer grösseren Anzahl an allfällig interessierten Personen. Somit ergibt sich für den Gemeinderat ein breiteres Meinungsbild.
  • Die interessierte Bevölkerung erhält die Möglichkeit, zeit- und ortsunabhängig sowie papierlos mitzuwirken.
  • Verständliche Aufbereitung und Darstellung der Mitwirkungsthematik, Klären von häufigen Fragen, einfacher Zugriff auf Mitwirkungsunterlagen (z.B. auf ein 3D-Ortsmodell; vgl. Empfehlungsblatt „3D-Ortsmodell“) sowie eine bessere Übersicht dank umfassender Informationsplattform verbessern das Verständnis in der Bevölkerung für politische Vorhaben.
  • Durch die Mitwirkungsplattform wird ein automatisiertes Zusammentragen der Einwendungen / Einsprachen ermöglicht. Durch diese Automatisierung entfallen in der Gemeindeverwaltung gewisse administrative Aufgaben.

Bedingungen

  • Die Gemeinde muss institutionell und personell in der Lage sein, die neuen digitalen Instrumente zeitgerecht anzuwenden und einzusetzen (vgl. Empfehlungsblatt ‘Daten’). Es müssen für die Aufbauzeit zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden.
  • E-Partizipation betrifft auf Dauer alle Gemeinden. Es gilt zum jetzigen Zeitpunkt für kleinere Gemeinde noch abzuwägen, ob sich der Einsatz von Online-Mitwirkung lohnt, um Erfahrungen zu sammeln.
  • Zum Zeitpunkt der Einführung der Online-Mitwirkung ist für die Bevölkerung eine breite Information sowie ein Unterstützungsangebot vorzusehen, um die Akzeptanz in der Bevölkerung für die ausschliesslich digitale Lösung zu erhöhen.
  • Eine gute Präsentation und Aufarbeitung der Inhalte ist unabdingbar; die Benutzerfreundlichkeit ist von grosser Bedeutung. Zweidimensionale Inhalte sind angemessen durch moderne Präsentations- und Kommunikationsformen zu ergänzen (Video, 3D, Online-Umfragen, Diskussionsräume).

Erfahrungen

  • Online-Partizipation wird von der Bevölkerung offenbar gut akzeptiert, auch wenn aktuell in der Mehrzahl noch der herkömmliche Weg genutzt wird.
  • Eine breit durchmischte Bevölkerung nutzt den digitalen Weg.
  • Über den digitalen Weg kann es mehr Mitwirkungseingaben als in einem herkömmlichen Prozess geben. Somit gewinnt der Partizipationsprozess an Dynamik und die Resultate sind breiter abgestützt, da mehr Personen erreicht werden.

«Mit der Möglichkeit digital mitzuwirken, konnten wir die Mitwirkung an der kommunalen Richtplanung für die Bevölkerung attraktiver machen und eine zeitgemässe Lösung anbieten»
                                                                 Richard Falk, Gemeinderatsschreiber Gemeinde Goldach SG

Empfehlungen

  1. Online-Partizipation wird mittelfristig zunehmend gefragt sein, insofern sollte bereits heute geprüft werden, ob und wie die Einführung einer Online-Mitwirkung – als Ergänzung zu den herkömmlichen Mitwirkungsformen – konzipiert werden kann.
  2. Der Erfahrungsaustausch mit Gemeinden, welche die Online-Mitwirkung bereits heute einsetzen, kann die Einführung unterstützen.
  3. Ein Einführungs- und Umsetzungskonzept für den dauerhaften Einsatz der Online- Partizipation – in Ergänzung zur herkömmlichen Partizipation – hilft die infrastrukturell, personell und finanziell erforderlichen Ressourcen zu definieren. Es müssen dauerhaft geeignete Strukturen zur Durchführung herkömmlicher und online-Partizipation geschaffen werden (vgl. Empfehlungsblatt ‘Daten’)
  4. Es sollte geprüft werden, ob und wie im Zusammenhang mit der Online-Mitwirkung auch 3D-Ortsmodelle eingesetzt werden können (vgl. Empfehlungsblatt „3D-Ortsmodelle“).

 

 



Über den/die Autor/in

Donato Acocella

Donato Acocella ist Professor für Raumentwicklung an der OST

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