Wie kann ich die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum mit wandelnden Ansprüchen weiterentwickeln?

Ziele

  • Hohe Aufenthaltsqualitäten und attraktive Flächen für Bewohner und Besucher sollen durch einen fachübergreifend geplanten öffentlichen Raum gewährleistet werden.
  • Die bestehende Flächenzuteilung zwischen Frei- und Verkehrsflächen soll neu bewertet werden.
  • Neue Mischräume mit unterschiedlichen Funktionen und Nutzungen sollen entwickelt werden, welche die Orte und Plätze neu aktivieren sowie neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen.
  • Für vitale Gemeinden sind Nutzungsvielfalt, ein lokales Kleingewerbe, vielfältige Läden und eine gute Gestaltung von Erdgeschosszonen wesentlich.

Ausgangslage

  • Öffentliche Räume sind einem hohen Interessens- und Nutzerdruck ausgesetzt. Viele Nutzergruppen beanspruchen den Raum jeweils für sich.
  • Derzeit sind öffentliche Räume meist durch monosektorale Planungen fachdisziplinär auf jeweils eine Nutzung ausgerichtet und geplant (Verkehrsräume, Freiräume).
  • Digitalisierung verändert die Nutzung der Gebäude, insbesondere der Erdgeschosszonen (z.B. Umwandlung von Detailhandelsflächen). Die vorgelagerten öffentlichen Bereiche passen sich nicht automatisch diesen Veränderungen an. Allerdings prägen diese Räume das Erscheinungsbild der jeweiligen Standorte.

Lösungsansatz

  • Öffentliche Räume sind interdisziplinär zu entwickeln, damit alle Fachplanungen gleichwertig behandelt und Themen gemeinsam geplant werden können. In der Planungsphase sind daher mindestens Experten aus den Bereichen Verkehr, Freiraum und Landschaft sowie Raumplanung miteinzubeziehen.

Nutzen

  • Ein interdisziplinär geplanter Raum führt zu einer Minimierung von Nutzungskonflikten, z. B. Verkehr versus Aufenthaltsqualität. Nur so können Nutzungskonflikte verringert und Synergien genutzt werden.
  • Multifunktionale öffentliche Räume und Aufenthaltsqualitäten für unterschiedliche Nutzungsansprüche werden gesichert. Dies beeinflusst das Image der Gemeinde und führt zu einer attraktiven und belebten Kommune.
  • Neu geplante öffentliche Räume bieten auch die Chance zur Entwicklung eines identitätsstiftenden Ortscharakters, der zum Treffpunkt für die Bevölkerung wird (lebendige Freiräume).

Bedingungen

  • Bei der Planung darf keine monosektorale Betrachtung des öffentlichen Raums erfolgen. Er sollte als koordinative Aufgabe geplant werden (nicht nur öffentlicher Freiraum vs. technische Ansprüche vs. Logistik vs. Eventisierung).
  • Je nach Gemeinde ist die Definition der Rahmenbedingungen und Ziele eine wesentliche Voraussetzung.
  • Öffentliche Räume ohne Konsumpflicht bieten Platz für alle. Ein ausgewogenes Verhältnis von kommerzieller und nicht-kommerzieller Nutzung muss gewollt sein.
  • Urbanes Grün, Oberflächenwasser und Biodiversität müssen als zukünftig wichtigere Themen akzeptiert werden.

Erfahrungen

«Zukünftig stellt man sich einen automatisierten, öffentlichen Raum vor, der wandelbar ist. Der beispielsweise Schirme an einem sonnigen Tag automatisch aufspannt, wenn eine Gruppe Touristen vorbeikommt. Genauso verändert sich der Raum, wenn Menschen vorbeikommen, die zu einem geschäftlichen Termin müssen. Und genauso müssen Räume in Zukunft grüner werden, damit die Aufenthaltsqualität besser werden kann.»
                                               Barbara Zeleny, Head of Strategic Real Estate and Property Development, SBB Immobilien

Empfehlungen

  1. Fokussierung auf öffentlichen Raum:
    Die Gemeinde sollte das Thema „öffentlicher Raum“ interdisziplinär angehen und fachübergreifende Planungsteams zusammenstellen.
  2. Entwicklung eines Zukunftsbildes:
    Für die Kommunikation mit der Bevölkerung sollte ein Zukunftsbild entwickelt werden, welches die Beziehung von Raumnutzenden und Nutzung des öffentlichen Raumes in den Fokus stellt. Die Gestaltung der Aufenthaltsbereiche sollte die Nutzungen in den Erdgeschosszonen berücksichtigen. Die Erstellung eines Zukunftsbilds kann in Form eines interdisziplinären Wettbewerbs ausgeschrieben und/ oder als partizipativer Prozess gestaltet werden.
  3. Reallabore ermöglichen:
    Öffentliche Räume sind als Reallabore für gesellschaftliche Entwicklungen zu betrachten, in denen Experimente möglich sein müssen. Temporäre Formate und Innovationen eröffnen die Chance, neue Ideen auf Akzeptanz und Relevanz zu testen. Leuchtturmprojekte aus dem Zukunftsbild sollen ermöglicht werden. Kooperationen zwischen öffentlichen Institutionen und Privaten sollen vereinfacht werden.

 

 



Über den/die Autor/in

Donato Acocella

Donato Acocella ist Professor für Raumentwicklung an der OST

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