Welche Sharing-Angebote kann ich in der Gemeinde als alternative Form der Mobilität anbieten?

Ziele

Die Gemeinde will ein attraktives Nahmobilitätsangebot schaffen. Damit werden folgende Ziele angestrebt:

  • Förderung umweltfreundlicher Fortbewegungsmittel (zu Fuss, Velo und ÖV)
  • Angebot eines Systems an Fortbewegungsmitteln, das den Besitz eines Autos nicht erfordert
  • Unterstützung und Förderung von Verleihsystemen
  • Siedlungsverträgliche Abwicklung des Autoverkehrs und Verhinderung / Minimierung eines weiteren Wachstums der Verkehrsbelastungen

Ausgangslage

Die heutige Verkehrsabwicklung ist nicht nachhaltig:

  • Die Nutzung privater Personenkraftwagen ist weder nachhaltig noch umweltfreundlich.
  • In der Schweiz gibt es derzeit etwa 6.2 Mio. Autos, die eine oberirdische Abstellfläche von ca. 7’000 – 8’000 Hektare benötigen. Diese Privatautos sind 95% der Zeit auf Parkflächen abgestellt.
  • Verleihsysteme sind mittlerweile in städtischen Gebieten verbreitet, dienen aber nicht immer der Erreichung der verkehrsplanerischen Ziele der Gemeinden, sondern stellen eine Ergänzung zum bereits bestehenden Verkehrsnetz dar. In kleineren und mittelgrossen Gemeinden gibt es in der Regel nur Car-Sharing-Angebote, während andere elektrisch betriebene Fahrzeuge (E-Trottinettes, E-Bikes) fehlen.

Lösungsansatz

  • Speziell Car- und Bike-Sharing Angebote, als Alternative zum Auto im Privatbesitz, sind vielversprechend. Insbesondere auf Strecken unter 5 km ist das Velo häufig das schnellste Verkehrsmittel. Dieser Vorteil kann auch mit Verleihsystemen von E-Bikes, Velos und E-Trottinettes genutzt werden. Diese Verleihsysteme sollen aber nicht nur kurze Fusswege konkurrenzieren, sondern eine Ergänzung für die letzte Meile sein.
  • Um wirtschaftlich tragbar zu sein, müssen in kleineren und mittleren Gemeinden Verleihsysteme auf Kooperationen mit Unternehmen und Sponsoring setzen. Sie sollten in überkommunalen Mobilitätskonzepte eingebunden werden.

Nutzen

  • Sharing-Angebote ermöglichen eine intelligente Verknüpfung verschiedener Transportmöglichkeiten. Mit dem vielfältigen Angebot an verschiedenen Verkehrsmitteln kann eine attraktive und moderne Alternative zum eigenen Auto etabliert werden.
  • Menschen erhalten eine Alternative für die Bewältigung kurzer und mittlerer Strecken sowie für den Weg der „letzten Meile“, ohne dabei das eigene Auto zu benutzen.
  • Sharing-Angebote können die Anzahl der gefahrenen Autokilometer reduzieren. Dies ist ein Beitrag zur Luftreinhaltung und zur Verringerung der Lärmbelastung.
  • Veloverleihsysteme bilden ein flexibles und attraktives Mobilitätsangebot für Distanzen unter 5 km. Sie können auf Strecken oder zu Zeiten, die durch den öffentlichen Verkehr schlecht abgedeckt sind, eine für die Gemeinde attraktive Angebotsalternative sein, allerdings können nicht alle Personen damit angesprochen werden (z. B. Kinder, ältere und behinderte Personen).
  • Es wird die Verknüpfung des Velos und anderer Fahrzeuge mit dem öffentlichen Verkehr, dem motorisierten Verkehr (Parkplätze, -häuser) und dem Fussverkehr gefördert.
  • Oftmals bestehen Synergien mit anderen Mobilitätsinnovationen, wie beispielsweise Mobilitätsplattformen (z. B. SBB YouMove App), die gesamtheitlich in einer kommunalen Verkehrsstrategie verankert werden können.

Bedingungen

  • Zu alternativen Fortbewegungsmittel gehört eine passende Infrastruktur. Dies sind insbesondere Ladestationen und eine sichere Veloinfrastruktur, welche auch von anderen elektrisch angetriebenen fahrzeugähnlichen Geräten genutzt werden können.
  • Unternehmen aus dem Mikromobilitätsbereich sind in kleineren und mittleren Gemeinden auf Kooperationen mit der jeweiligen Gemeinde und/oder mit Unternehmen angewiesen. Nur mit deren finanzieller Beteiligung können in diesen Gemeinden Verleihsysteme aufgebaut werden.
  • Zu einer ganzheitlichen Verkehrsstrategie gehört auch die Beachtung des Veloverkehrs sowie von elektrisch angetriebenen fahrzeugähnlichen Geräten (Mikromobilität). Diese Fortbewegungsmittel sind aber kein Massenverkehrsmittel.
  • Mikromobilität (elektrisch angetriebene fahrzeugähnliche Geräte) allein nützt wenig. Eine Abstimmung auf und mit dem ÖV ist zwingend.

Erfahrungen

«Die Mikromobilität ist dezentral und kleinteilig. Das führt dazu, dass durch Mikromobilität die Stadt auch anders wahrgenommen werden kann. Die Menschen kennen dann nicht nur die Hauptstrasse, sondern auch die engen Nebenstrassen der Stadt. Sobald man sich nicht mehr im eigenen Auto einkapselt, kommt man auch gar nicht mehr daran vorbei, öffentliche Räume zu nutzen und anderen Mitmenschen zu begegnen.»
                                                     Lukas Ballo, Head of Mobility Data Analytics, BOND Mobility

Empfehlungen

  1. Überkommunale Kooperationen:
    Damit die in der Schweiz vorhandenen polyzentrisch-ländlichen Räume ihr Potential für eine Erschliessung mittels Mikromobilitätsangeboten ausschöpfen können, sollten kleinere Gemeinden miteinander vernetzt werden, die gemeinsam ein Mobilitätskonzept für Sharing-Angebote entwickeln. Ergänzend können private Unternehmen angefragt werden, die ebenfalls für Mitarbeitende Sharing-Angebote zur Verfügung stellen wollen. Gemeinsam werden Sharing-Stationen und Hubs geplant und finanziert.
  2. Angebotskonzept entwickeln:
    Es gibt mehrere Arten von Sharing-Angeboten, wie Car-Sharing, Veloverleihsysteme oder E-Trottinettes. Neben der Wahl des Angebots ist zu klären, ob diese Systeme als Free-floating, Docks oder stationsbasierte Sharing-Angebote vorhanden sein sollen.
  3. Mögliche Synergien mit kreativen / digitalen Lösungen prüfen:
    Systemübergreifende Apps sind zu prüfen: Programme, wie „All-In“ Tickets (Bahntickets inkl. Reservierung E-Bike oder Trottinette) steigern die Nutzerfreundlichkeit und Akzeptanz. Beispiel: YouMove App verschiedener Schweizer Transportunternehmen.

 

 



Über den/die Autor/in

Carsten Hagedorn

Carsten Hagedorn ist Professor für Verkehrsplanung und Leiter des Kompetenzzentrum Fuss- und Veloverkehr

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